Fête de la musique expérimentale mit Maîtres Fous und Raymonde

Frei nach Heinrich Heine:

Das Sozialverhalten der Bands Maîtres Fous‘ und Raymondes ———————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————— unter aller Sau ——————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————-

Workshops David Grimm, Marian Lenhard und Gerhard Schlötzer

Der Prozess ist einer, der sich auswirkt. Wirkung kann nur entstehen im Austausch in der Demokratisierung. Dies zu erproben ist Ziel der Workshops FK:Ks. So fanden sich einige Interessierte am 18.6. vor dem Kesselhaus ein um mit David sozial an Plastiken zu arbeiten. Es entstanden temporäre Plastiken auf öffentlichem Platz gleich neben dem Platz an dem Peter Kees zu „öffentlichem Nichtstun“ aufruft wurde etwas getan. Aus gelben Brettern und Schraubzwingen entstanden im Rahmen von „es könnte auch ganz anders aussehen“  Plastiken und es offenbarten sich Möglichkeiten den öffentlichen Raum zu nutzen statt ihn mit Audi SUVs vollzuparken. Als Parkplatzeinweiser*innen fungierten die Künstler*innen dabei nicht – sofern es um das Finden einer passenden Parkplatzbucht ging. Vielmehr warnten die zuweilen hektischen Armbewegungen davor Passant*innen samt ihrer Autos vor den zusammenbrechenden Plastiken zu schützen. Einsturz und Wiederaufbau zeigten den Prozess der gemeinsamen Aneignung des Raums.

Nichts anderes als die Wirklichkeit zeigt das Medium Fotografie. Durch das Bannen auf Zelluloid und SD-Karte wurde den Teilnehmer*innen von Marians Fotoworkshop klar, dass es neben Technik, Perspektive, Licht und Ausschnitt noch etwas anderes in der Fotografie geben kann. Zwischen leichtbewölktem Himmel und Asphalt wurde über die Möglichkeit gesprochen wie Geheimnisse in der Fotografie abzubilden sind. Genügt es geheime Momente wie Intimrasur oder Gummibärchen im Bett zu fotografieren um ein Geheimnis ins Foto zu rücken? Kann fehlendes Licht oder der Blitz bei der Geheimnisfotografie helfen? Mit diesen Fragen setzen sich die Teilnehmer*innen des Abends der Fotografie nun eine Woche auseinander und werden die Ergebnisse in der kommenden Woche am 27.6. vorstellen. Keine Geheimnisse der Haßberge wurden in der Diskussion Gerhard Schlötzers Arbeit „Haßberge und angrenzende Gebiete zu Wahlzeiten“ offenbart. Auch ohne Lupe sind Hakenkreuze und Hüllen von Versprechungen Melanie Humls auf den Fotos zu sehen. Eine lange Diskussion über die Arbeit Schlötzers und seine sich darauf beziehenden „Rückkopplungen“ schloss sich Marians Fotoworkshop an. Ein Austausch der Ideen über Kunst, Fotografie und deren Möglichkeiten sind die Quintessenz aus den FK:K Workshops. Vielen Dank für die fortlaufende Teilnahme an unserem Prozess!

Kutin|Kindlinger oder das heimliche Highlight FK:Ks

„schtzngrmm“ im Folgenden wird versucht Worte zu finden, für etwas, was nur Jandl hätte beschreiben können: wo die Vokale fehlen, wo die Sprache verstummt, im Nebel breitet sich Dunkel aus. Blauer Schein der LED statt einer Aster. Was sich in Wien rumsprach wird nun Bamberger Stadtgespräch bleiben: „hast du die Musiker gesehen – Nein, aber da waren zwei.“ Ja da waren zwei! Hinter der Glasscheibe, die nur 70% des Beamerlichts durchließ. Gebannte Blicke blickten auf diese Mattscheibe – während das Feuer sie zu zerstören drohte. Das flammende Inferno brach sich Bass durch die Jeans, dass sich dem, der dort noch Haare hat ebendiese aufstellte. Ein quadrophonisches Ereignis, welches wie geschaffen zur Mythenbildung über Kunst, Lärm und Wahrnehmung. Von wo kam der Sound? Aus vier zweimeterfünfzig hohen Boxentürmen, einem uralten Lautsprecher und zwei Megaphonen deren Rückkopplungen Peter Kutins Mund modulierte. Einer Filmmusik gleich ergoß sich der Sound wie Kohlenstaub unter den Kesselhaustrichtern. Dichtern verstummt die Sprache es war laut und angenehm. Warum dies so war bleibt ein Rätsel dessen Lösung es nicht gibt. Kutin | Kindlinger bannten das Bamberger Publikum und es fragte sich ob Sound und Visuals tatsächlich eine Panzerglasscheibe zerstören können.

Zerstört bleiben die gängigen Wahrnehmungen, welche nun verändert sind zurück. Die beiden reisten am nächsten Tag, nachdem sie ein Paket, zwecks Portosparmöglichkeiten, zur deutschen Post brachten, eine Kanne Kaffee getrunken war und das Schwimmen in der Regnitz unter den Augen einiger Touristen sie abgekühlt hatte nach Wien. In deren experimenteller Musikszene nun das Bamberger Kesselhaus für weiteren Gesprächsstoff sorgen wird. Wenn man von Wien nach Bamberg fährt muss man nicht über München fahren. Und das ist auch gut so und ein bisschen der Verdienst des Franz KAfkA. Vielleicht sind sie ja über Prag gefahren – abgekühlt hat die beiden jedenfalls die Regnitz!

Tag der regionalen Performance: blind & beautiful, Elena Weber, Lachpillenonkel

Wien, Frankfurt, Bolgatanga, Brüssel … das Line up der Performances und Konzerte von FK:K II ist international. Eine Verbindung dieser Szene mit der Bambergs ist ein Anliegen des Franz KAfkA: am Samstag, den 16.6. versammelten sich daher einige Zuschauer*innen im Kesselhaus und konnten sich von regionalen Künstler*innen und ihrem performativen Schaffen überzeugen lassen. Ein roter und noisiger Abend sind das Resultat. blind&beautiful spannen eine Linie durch das ganze Kesselhaus. Ihre Butoh-Tanz-Performance zog einige Anhänger*innen zu uns. Es freute alle zu den raumfüllenden Klängen des Stahlcellos eine ruhige uns sinnliche Performance zu verfolgen. Anschließend grub Elena Weber mit Blutwiese in der Vergangenheit und pflanzte Blumen für die Zukünftigen. Die Installation Elenas wird über die gesamte Zeit FK:Ks am Eingang zu sehen sein und von uns gegossen. Zuletzt ließen sich die Zuhörer*innen auf die kontrastreiche Performance des Lachpillenonkels ein. Aus dem Kesselhauskeller dröhnte der Drone und die naiv kindliche Performance bildete dazu den Kontrast und damit den Abschluss des Tags der regionalen Performance. Wieder so – weiter so! Das Kesselhaus will bespielt sein. Heute Abend beehren uns Kutin&Kindlinger aus Wien mit Ihrer Soundperformance „variations on bulletproof glass“ eine Performance bei der die akustische Seite der Zerstörung einer Panzerglasscheibe im Zentrum steht. Seid gespannt bis 21 Uhr – seid überrascht um 21 Uhr – seid überwältigt um 22 Uhr. Bis gleich @ FK:K II.

King Ayisoba / Ayuune Sule

Ankommend wenig laufen wollend verweilten Ayuune und Albert („King“) am Bamberger Bahnhof. Schade, dass diese Zeit des 45-minütigen Aufenthalts aufgrund unserer Abwesenheit nicht dokumentiert ist. Das Resultat waren jedenfalls ein zerbrochenes Riesensmartphone des „Kings“ und zwei Gästelistenplätze für Landesverteter aus Äthiopien und Eritrea. Der Telefonbruch wurde in einer länger dauernden Reparatur behoben und die beiden Ghanaer kamen in Bamberg an, Maracuja Limonade aus Weingläsern die ewige Frage nach der Erfüllung einer in Bayern schwer verwirklichbaren Anforderung an unsere Gastfreundschaft und viel Lächeln. Ein langer Abend mit Ayuune Sule bei der Performance von Aerobiconoise und eine angenehme Vernetzung mit dem Mischer des „King“: Grrrt versüßten den Aufenthalt der inzwischen Drei.

Das Kesselhaus in rotgrüngelb getaucht und die ghanaer Tradition des Geruchsdesigns begrüßten knapp neunzig Gäste unter den Kohletrichtern des Kesselhauses. Fernab einer blackpower Bewegung und dennoch ganz nah an einer musikalischen Mission mit großer Power machten neben dem perkussiven Kologo- und Chuchu-Spiel der beiden das Publikum zu einer Masse des Empowerments. Powpow blieb aus, wenn der ghanaer Rootssound so treibend ist, wie bei King Ayisoba. Das Publikum changiert zwischen einem Mitsingen des mä mä mämämä mä und der Unterwerfung zu einer Kologo-Pogo-Masse. Irgendwie konnte in diesen knapp zwei Stunden niemand an Bierbankschunkeln und fränkischen Fasching denken, denn die Freude und der Glanz in den Augen des Publikums war echt und keine Bierseligkeit. Das Konzert King Ayisoba blieb konstant gleichförmig, die Bühnenpräsenz der beiden Musiker konstant bei 105%, die Aufmerksamkeit und das Tanzen des Publikums steigerte sich mit der gleichbleibenden Perkussion bis zu einem kleinen bisschen Trance. Es gab keine ethnotypischen Momente des Anschauens und Pseudoeinfühlens einer „offenen“ Gesellschaft – es bestand ehrliche Freude über die Anwesenheit des Kings, der über seine ghanaer Familie und gegen einen drohenden europäischen Kulturimperialismus sang. Die experimentelle Version traditioneller ghanaer Musik mit Hip Hop Einflüssen des „King“ – zeigte, dass King Ayisoba in Ghana ein Star ist und in Bamberg ein wertvoller Kontrast zu Symphonikern und Tucherjazz ist. Africa needs Africa – Bamberg needs King Ayisoba!

Raum Klang

Betonecken in denen sich verfängt, was verfängt: die Hörer und Hörerinnen schließen die Augen. Wird sich im Raum, hier dem Kesselhaus bewegt wechselt der Schwerpunkt zwischen Kontrabass und Klavier. Welches Instrument das bestimmende ist wird im Klangteppich ungewiss. In anmoderierten Stücken wird offenbar, dass der Teppich ein Fliegender ist und im Raum schwebt bis er sich zur nächsten Ansage wieder senkt. Der Staub der Musik wird mit der nächsten Programmierung von ein bis zwei Minuten Stille und dann Noise auf dem Teppich geschichtet. Eine Erzählung im Raum setzt an – es wird sich davon erzählt werden, was das Prinzip des Zufalls von Manuel Krass und Stephan Goldbach im Kesselhaus ansammelten. Eine Ansammlung diverser Dinge lag bereit bis offenbar wurde, dass sie mit Kontaktmikrofonen versehen waren. Wie klingt ein Expander? Kann Patrick Star obgleich er auf einem Schwimmbrett verfangen ist singen? Wie lange klingt ein Hula Hoop Reifen? Kann Arnaud von Aerobiconoise den Lärm in seinem Mischpult bändigen? Warum wird ein Geigenbogen zerstört? Ist ein Bier isotonisch? Lohnt sich der Kauf einer Schallplatte?

Aerobiconoise warf Fragen auf – die Antworten können nur die Zuhörer und Zuhörerinnen beantworten. Ach ja kann man eigentlich alle Fragen beantworten? Das durchgehend grinsende Publikum fühlte sich wie ein Haufen Kinder, die drei Kindern beim Experimentieren zuschauten. Die Fragen blieben Fragezeichen – Zeichen wurden gesetzt: für die Kunst und den Raum in welchem sie spielen kann!