Die Phrase „Bringt mir ihre Köpfe!!“ schafft die Überleitung von der weltfremden Messe der „Säulen des Kosmos“ zur tags darauf gehaltenen Lesung „noise of heimat“. Die Formulierung hätte in beiden Zusammenhängen fallen können, dabei war das eine abstrahierende Kunst, das andere blanke Realität. Olga Seehafer und Felix Forsbach lasen Emails und Foreneinträge von Rassisten jeder Fasson. Adressat – oder eher Zielscheibe der Verfasser*innen: der Bayerische Flüchtlingsrat und naheliegende Institutionen, die sich für die menschenwürdige Behandlung von Geflüchteten in unserer überfetteten Gesellschaft einsetzen. „noise of heimat“ ist eine Lesung, die der noise-Künstler Anton Kaun begleitet und damit erst möglich macht. Ohne sein akustisches Bollwerk, ohne noise wären die Texte nicht auszuhalten. Im Kontext wird der „Lärm“ das wohltuende Element, das einem Zuflucht gibt, etwas Schutz vor der vereinzelt erschreckend durchdachten Boshaftigkeit, die aus den Texten schlägt. Obgleich jedes Papier nach seiner Verlesung durch einen Schredder gejagt wurde, blieb jedes Wort unverletzt, jede „ich erklär euch mal was“-Tirade blieb gesagt und existent, wurde vonjemanden gegen jemanden gerichtet und deshalb durch Gesten nicht annullierbar. Am Ende ging man raus und wusste nicht, was man den Künstlern sagen sollte, die alles geschickt aufbereitet und mit der nötigen Distanz präsentiert hatten. Es fiel schwer, „Cool!“ zu sagen ohne den Subtext „Das war zum Kotzen!“
Niemandem konnte gefallen, was da zu hören war. Niemand erfuhr Inspiration, Läuterung oder eine Antwort auf irgendeine Frage. Man saß da und wusste noch weniger als vorher, wie mit der Schlechtigkeit der Mitmenschen umzugehen. In diesem Moment war wichtig die Information, die eine Mitarbeiterin des Flüchtlingsrat preisgab: „Wir kriegen auch nette Post!“ Wenigstens das. Es gibt Gutes zu sagen und es ist wichtig, den Menschen, die es verdienen, Gutes zu sagen! Manche Menschen verdienen Lob nicht nur. Sie brauchen es vielleicht sogar, um nicht von populärer Dummheit überschwemmt zu werden. Deshalb: Danke an alle Flüchtlingsräte, an Freund statt Fremd, an Paten und Unterstützer*innen, an ehrenamtliche und beruflich engagierte, an alle, die das einzig richtige tun: „unser Land“ öffnen, unsern Wohlstand teilen, unsere Potentiale hergeben und einsetzen für andere, die bei uns Schutz in Anspruch nehmen möchten oder müssen.Ahja, sorry, das war gar nicht alles an dem Abend. Unter großen Themen vergisst man schnell alles andere. Jedenfalls: Die Klasse Dynamische-Akustische-Forschung der Akademie Nürnberg hat eine Installation/Performance/Darbietung ins Kesselhaus gebracht. Die Beteiligten waren alle sympathisch. Es war schön und wertvoll, ihnen einen Raum zu geben und dabei ein Gefühl für deren Arbeit zu kriegen. Außerdem roch es gut nach Sonnencreme (bloß war es sehr umständlich, die wegzuputzen). Das Gedicht von Eva Nüßlein war gut. Aber so richtig vom Hocker gehauen hat die ganze Sache leider keinen. Ihr dürft trotzdem gern wiederkommen, wenn ihr möchtet!